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Masuren 2005 - anstelle einer Velotour
Masuren-Tour 2005 mit Emir und Rosmarie, Pers und Marianne, Sec und Doro und Fock

Seit vor einigen Jahren das Bändchen „So lieblich war Suleyken“ von Siegfried Lenz im Kreise der Velofahrer zirkulierte, liessen uns die Masuren nicht mehr los. Erste Planungen scheiterten aber an der schlechten Infrastruktur in Polen.

Das übliche Schneetreffen im Goms, vom 18./17. Januar 2005 hinterlässt einen eher zwiespältigen Eindruck: Die sportlichen Aktivitäten halten sich im Gegensatz zu den kulinarischen sehr in Grenzen. Es hat massenhaft Menschen  im sonnigen Oberwallis; der öffentliche Verkehr ist eindeutig überfordert und bricht zusammen. Der erwartete Theaterbesuch fällt aus, was die finale Frage aufwirft: Wer kam auf die blöde Idee, dass Rentner Samstag – Sonntag reisen müssen?
Einen positiven Punkt gibt’s trotzdem: Emir nimmt die Masurentour an die Hand; er kann auf die Erfahrungen seines Bruders aufbauen und geniesst damit unser uneingeschränktes Vertrauen  -  aus der Vision Masuren wird damit das Projekt Masuren. Dass unsere Frauen mitkommen, ist diesmal unbestritten.
Es folgen Mails, Rechnungen und Buchungsbestätigungen. Die Geister, die wir riefen …

Dienstag, 5.Juli
Man, das sind Emir und Rosmarie, Pers und Marianne, Sec und Doro und Solist Fock, trifft sich beim Check-in im Flughafen Kloten. In Warschau, werden wir vom Besitzer unseres Hotels abgeholt. Auf einer kurzen Stadtrundfahrt und dem Transfer nach Pasym sammeln wir erste Eindrücke vom ehemalige
Ostpreussen. Das Hotelpersonal hat für unsere Ankunft tatsächlich einen roten Teppich ausgerollt! Idyllisch an einem See gelegen, in eine prächtige Landschaft eingebettet, erwartet uns unser Standquartier für die nächsten 12 Tage.

Mittwoch 6.Juli
Nach dem Morgenessen wird uns der Velo-Fahrzeugpark vorgestellt  -  unsere Reaktionen bewegen sich zwischen Enttäuschung und Belustigung: Mein eingängiges Damenrad hat
Rücktritt und vorne eine „Schluchfiggi“ ohne Gummi, eine prächtige Lampe, aber keinen Dynamo. Fast ebenso frustrierend ist die Testfahrt auf sehr holprigen Naturstrassen mit Sandverwehungen.
Am Nachmittag geht’s per Kleinbus nach Allenstein mit Besuch der Kreuzritterburg, der Jakobskirche mit Orgelkonzert und einem Biergarten. Fazit: Das polnische Bier wird unseren Anforderungen gerecht.

Donnerstag, 7.Juli
Heute ist Velotour angesagt. Die landschaftlich schönen Waldwege haben nur einen Nachteil: sie sind weitgehend mit Sand bedeckt  -  unsere Fahrkünste sind sehr gefordert.
Steckenbleiben, Absteigen und Schieben wechseln ab  -  die Begeisterung unserer Frauen hält sich sehr in Grenzen.
Am Abend fährt lautstark eine Deutsche Reisegruppe ein.

Freitag, 8.Juli
Um 2 Uhr beginnt ein Hund rund ums Haus wütend zu bellen  -  nach einer Stunde sind die Batterien endlich leer!
Kajakfahren steht auf dem Programm. In Krutyna fassen wir unsere Boote; die Flusslandschaft ist traumhaft. Unterwegs begegnen wir unseren Holden, die sich im Stakerkahn die Gegend zeigen lassen.
Ein kultureller Höhepunkt ist das Konzert in der Kirche von Pasym, nach dem Abendessen; die Orgel wird durch Zimbal und Panflöte unterstützt.

Samstag, 9.Juli
Am Frühstücksbuffet klaut mir Emir mein Rührei vom Teller, und das vor dem Start zum Tagesausflug nach Danzig! Nach drei Stunden rassiger Fahrt über schlechte Strassen wird unser Fahrer bei der Stadteinfahrt von der Polizei gestoppt: Erlaubt 50  -  gefahren 95  - 
Fahrer Alexander wirkt leicht geknickt.
Die einheimische Führerin bringt uns die einst zu 85% zerstörte Stadt näher. Eindrücklich ist die Marienkirche, der grösste Backsteinbau Europas. Nach einem Orgelkonzert in der Kathedrale von Oliva geht’s an den Badestrand von Sopot  - 
das nackte Puff!  Der letzte Modeschrei: Minibikini und dazu kniehohe Lackstiefel.
Auf dem Parkplatz findet Emir die seit dem Morgen vermisste Sonnenbrille wieder  -  unversehrt !
Sonntag, 10.Juli
Morgenessen zusammen mit den Teutonen  -  man hört sie! Wir starten per Bus zur grossen Masurenrundfahrt, steigen auf ein Motorschiff um und erreichen nach gemütlicher Fahrt durch Kanäle und kleine Seen das touristische Zentrum Nikolaiken. Fock wagt als einziger einen Heli-Rundflug und ist begeistert.
Nach dem Nachtessen sucht Pers Interessenten für sein Wanderprojekt: Um 5.20 Uhr mit der Bahn nach Allenstein, dann auf die 25 km lange Kopernikus-Wanderung; die Rückreise ist noch ungewiss. Emir und Rosmarie wollen sich morgen auf das Abenteuer einlassen.

Montag, 11.Juli
Ein verspäteter Kuckuck begleitet den Sonnenaufgang; die Wanderer regen sich. Nach dem Morgenessen hat Fock endlich Erfolg und ist glücklich; ja im Alter wird man bescheiden.
Der Versuch mit dem Gummi-Kajak scheitert kläglich; umso schöner ist die Ruderbootfahrt
zusammen mit Fock.
Fock bietet eine Stadtführung in Pasym an. Es kommt nur noch die grosse oder mittlere in Frage, die kleine mache er nicht mehr. Bei der Besichtigung der Kirche sind wir, etwas  zu sportlich bekleidet, plötzlich mitten in einer Beerdigung. Das Glaceschlecken im „Stadtpark“ wird durch einen WC-Notfall jäh unterbrochen.
Die Wanderer kommen leicht geknickt zurück aber man gibt sich gelassen  -  ihre Euphorie hält sich in Grenzen.

Dienstag, 12.Juli
Nach dem Morgenessen wird der Bus mit Picknick-Utensilien beladen. Heutiges Ziel ist der Oberländische Kanal, ein rund 15o Jahre altes technisches Wunderwerk. Fünf mal werden die Schiffe auf Rollschemel verladen und mit Wasserkraft über schiefe Ebenen insgesamt 100 Höhenmeter befördert.
Der Standort des Stehpicknicks an der Sonne hätte besser gewählt werden können, aber Würstchen, Salat und Bier schmecken.
Die Wallfahrtskirche Maria Geburt in Dietrichswalde ist das nächste Ziel; man schöpft heiliges Wasser.
Das morgige Projekt „Danzig per Bahn“ von Pers erhält eine dramatische Wende: Man fährt doch lieber mit dem Bus  -  also soft anstatt heavy  - ein gewisser Gesichtsverlust ist  unvermeidlich; wir halten uns vornehm zurück.

Mittwoch, 13.Juli
Morgenessen: Die Danziger sind schon weg. Gesprächsstoff liefert die Frage „Wenn man nicht kann und einem im  Wasser die alten Bekannten verfolgen“.
Wir starten zur Pedalofahrt, Emir, Rosmarie und Fock nehmen das Ruderboot. Rosmaries Ruderversuche ergeben schwungvolle Pirouetten.
Nach der Siesta bietet Fock nochmals Führungen in Pasym an  -  selbwelchiges ist nur per Fahrrad erreichbar. Im Dorf angekommen stellen wir fest: Fock ist überfällig! Wir finden ihn am Dorfeingang mit schwarzen Fingern und herausgesprungener Kette  -  Kameradenhilfe ist gefragt. Die Führung findet diesmal ohne Beerdigung statt, dafür  gibt’s in der „Taverne Keller“ ein Pivo ( für nicht Polnisch sprechende: Bier).
Beim abendlichen Spaziergang zum Zeltplatz bleiben, von wegen Überdruck, ein Paar Unterhosen auf der Strecke.

Donnerstag, 14.Juli
Chauffeur Angy fährt uns zu einem eingezäunten Reservat bei Lansk, einst für Parteibonzen und Regierungsmitglieder vorgesehen. Nach der Eintrittskontrolle, mit Kalaschnikov-bewehrten und mit Kugelschutzwesten geschützten  Kontrollposten haben wir die Ehre, fahrtaugliche, praktisch neue  Bikes zu mieten und auf durchwegs asphaltierten Wegen unsere Runden entlang von Seen und durch lichte Wälder zu drehen. Geteert seien die Strassen, damit sich die ehemaligen Jäger keine schmutzigen Stiefel holten.
Nächster Halt ist die Forellenzucht in Szwaderki: das Essen der frittierten Forellen setzt gewissen Vorkenntnisse im Umgang mit chirurgischen Instrumenten voraus  -  aber die Tiere sind gut!
Dann geht’s weiter mit Kultur: Der Masurische Ballenberg heisst „Skansen“ und ist wirklich sehenswert.
Das Nachtessen ist sehr ruhig, da die BRD bereits abgefüttert. Beim gemeinsamen Bier im Garten ist Velo 2006 ein Thema. Sec soll etwas im Marktgräfler Land organisieren.

Freitag, 15.Juli
Wieder wolkenlos  -  grosses Palaver „Was nun?“  Pers und Emir holen Kajaks vom gegenüberliegenden Ufer. Mit Doro starte ich zu einer Wanderung von gut drei Stunden; auf einer Wiese suchen 6 Störche nach Nahrung.
Bei Kaffee und Kuchen wird das Problem der Rückführung der Kajaks schlussendlich  friedlich gelöst. Zur Freude aller Anwesenden kentert Fock  -  für den Spott muss er nicht sorgen!
Um 18 Uhr heisst es Antreten zum Schlussabend; das Grill- und Salatbuffet lässt keine Wünsche offen. Es wird sogar eifrig getanzt und die Schweizer Kolonie intoniert „Es Burebüebli …“ Feststellung eines Bierseeligen:„Der kurze Rock der Serviertochter erleichtert den Zugang enorm“.
Um 22 Uhr singen die Polnischen Geistlichen heilige Lieder und der Schlussabend ist gelaufen.

Samstag, 16.Juli
Ohne Deutsche ist das Morgenessen eine ruhige Sache. Nach einem abschliessenden Gruppenbild starten wir nach Warschau.
Kurz vor Mittag beziehen wir unser Hotel in Warschau. Die Führung durch die Stadt endet beim Monument des Aufstandes im strömenden Gewitterregen. Das Mittagessen im „Barbakan“ ist noch einmal sehr polnisch. Der Fototrip durch die Altstadt ist recht ergiebig und das Abendessen im Zimmer, mit Blick auf das beleuchtete Kulturzentrum recht romantisch.

Sonntag, 17.Juli
Bewölkt, das Wetter ist nicht mehr, was es war.
Der Morgenkaffee wird aus Preisgründen heute in die nahe gelegene Bahnhofhalle verlegt.
Die Aussicht vom Turm des Kulturzentrums ist umfassend und schlussendlich treffen wir uns alle wieder zum Klavierkonzert beim Chopindenkmal im Lazienkowski-Park.
Der abendliche Marsch zum Nachtessen ist für die Führung sehr nervenaufreibend; der von der Stadtführerin angegebene Standort stimmt überhaupt nicht.
Dafür entschädigt das Essen und Fock schildert in blumigen Worten seine erste Begegnung mit Absinth. Beim Versuch einer gerechten  Abrechnung stellen wir fest: Der teuerste Posten war das Mineralwasser!

Montag, 18.Juli
Im Bahnhofcafé werden wir Zeugen einer Festnahme, das geht hier sehr unzimperlich  - ruck-zuck.
Das gestern bestellte Taxi zum Flughafen wartet zur vorgesehenen Zeit vor unserem Hotel und kurz nach 16 Uhr haben wir den Check-in hinter uns. Nicht so Pers, er muss vor der Sicherheitskontrolle umkehren und auch noch seinen Rucksack einchecken, da er vergessen hat, sein Sackmesser ins Fluggepäck zu verstauen.
Wir starten mit 35 Minuten Verspätung, da über Zürich ein Gewittersturm liege. Die Verpflegung ist recht gut  -  wir wundern uns wie genüsslich der Fischverächter Fock das Lachsbrötli isst!
Nach teilweise turbulentem Flug, der an die Fahrkünste von Alexander erinnert, trennen sich in Kloten unsere Wege. Gemeinsames Fazit: Alles stimmte  -  es war eine gute Reise!
Zuständig für die ganze, gute Organisation war Emir  -  hab vielen Dank!
Ich freue mich auf die Velo 2006 !

S e c

  
 
Word-Format: Bericht-Masuren.doc
 
Autor: Gisler Rudolf
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